Vierschanzentournee

 

Resumee der Tournee

Adam Malysz aus Polen - niemand sonst hat es verdient, hier an erster Stelle genannt zu werden, wenn es darum geht, ein Resumee dieser Vierschanzentournee aus sportlicher Sicht zu ziehen. Noch nie dominierte ein Springer so deutlich und mit einem Abstand von mehr als 100 Punkten zum Zweitplazierten der Gesamtwertung Janne Ahonen die Tournee- ähnliches gelang bisher nur dem finnischen Superspringer Matti Nykänen. Vor Jahren machte der Pole schon einmal mit einigen Weltcup-Siegen auf sich aufmerksam, ehe er dann für lange Zeit in der Versenkung verschwand. Nun hat er die Ski gewechselt und ist stärker und überlegener denn je. Da stellt sich die Frage, ob der Pole jahrelang auf das falsche Material gesetzt hat??

In Bischofshofen beim letzten Springen wurde noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass Malysz zur Zeit "in einer anderen Welt" springt. Während im ersten Durchgang die Herren Schmitt, Ahonen und Widhölzl sich bei Weiten um die 118m bewegten, sprang Adam Malysz 127m. Im zweiten Durchgang ein ähnliches Bild: Martin Schmitt enttäuschende 118m, Ahonen 124,5m und Adam Malysz - 134m!!!

Zweiter der Gesamtwertung wurde wie bereits oben erwähnt Janne Ahonen aus Finnland und Dritter Martin Schmitt, nachdem der eigentlich für Schmitt "unerreichbare" Japaner Noriaki Kasai im 1. Durchgang nur 75m sprang und sich nicht für Durchgang 2 in Bischofshofen qualifizieren konnte.

Das Abschneiden der deutschen Springer veranlasste nicht gerade zu Jubelsprüngen und war ein Spiegelbild der Leistungen bei der Vierschanzentournee im letzten Jahr:
Das Auftaktspringen in Oberstdorf mit dem Sieger Martin Schmitt bekräftigte die deutschen Hoffnungen, dass es dieses Jahr mit einem Gesamtsieg klappen könnte. Doch schon das Neujahrsskispringen in Garmisch-Partenkirchen zeigte in aller Deutlichkeit, dass Schmitt nicht den Hauch einer Chance haben würde, das Gesamtklassement auch am Schluss anzuführen. Wieder einmal ist es, wie bereits bei der Sommerolympiade in Sydney zigfach bewiesen, einem deutschen Spitzensportler nicht gelungen, auf den Punkt hin topfit zu sein. Was im Skispringen zählt, ist nun einmal die Vierschanzentournee und ein Olympiasieg, und nicht eine Dominanz in diversen, relativ unbedeutenden Weltcupspringen. Man kann schon gespannt darauf sein, wie sich "Favorit" Martin Schmitt bei den Spielen in Salt Lake City 2002 präsentieren wird. Die anstehende Weltmeisterschaft hat unseres Erachtens gegenüber dem Sieg bei einer Vierschanzentournee oder einem Olympiasieg nur sekundäre Bedeutung.

Sven Hannawald zählt ebenso wie Martin Schmitt zur absoluten Weltspitze, aber über einige gute Platzierungen (4-8) kam "Hanni" bei dieser Tournee nicht hinaus. Allen anderen deutschen Springern fehlt es an der nötigen Konstanz. Da springen Leute wie Alexander Herr und Christof Duffner, wie in Oberstdorf geschehen, schon einmal unter die ersten 10, um dann im nächsten Springen wieder unterzugehen. Dies berechtigt auch nicht gerade zu Hoffnungen für den Mannschaftswettbewerb bei der bevorstehenden Ski-WM in Lahti (und auch nicht für Salt Lake City), denn für Reinhard Heß ist es ein reines Lotteriespiel, wen er neben Hannawald und Schmitt nominiert - wie kann der Bundestrainer errraten, wer nun vielleicht gerade mal zufälligerweise einen guten Tag erwischen wird?? Hat er (sehr) viel Glück bei seiner Auswahl, kann es zu Gold reichen, hat er kein Glück, ist mit dieser deutschen Mannschaft nichts zu holen.

Die Kritik, die hier geäußert wurde, richtet sich nicht in erster Linie an die Athleten, sondern vor allem wieder einmal an diverse Medien, die eine "Verherrlichung" zweier deutscher Skispringer immens vorangetrieben haben. Es wurde ein enormer Erwartungsdruck aufgebaut, dem die beiden jungen Athleten gar nicht standhalten konnten. Immer und in allen Lagen werden sie gefordert - bei Autogrammwünschen und vor allem bei den unzähligen und lästigen Interviews sowie bei Werbeaufnahmen!!! Eine totale Konzentration auf den Sport, wie es eigentlich vonnöten ist, war für die beiden deutschen Ausnahmespringer gar nicht möglich, auch wenn sie vor der Tournee betonten, dass sie sich ausschließlich auf den Sport konzentrieren wollten.

Es wäre aus unserer Sicht wünschenswert, wenn Schmitt und Hannawald mit einigen "Aufdringlingen" so umgesprungen wären, wie es beispielsweise zu ihren aktiven Zeiten ein Michael Groß im Schwimmen oder ein Paul Breitner im Fußball getan haben oder wie es ein Stefan Effenberg heute praktiziert (Zitat an einen privaten Fernsehsender nach dem Saisonfinale 1999/2000: "Behaltet doch euren Scheiß-Fux"; Reaktion des Fernsesenders: Das Interview wurde sofort abgebrochen!). Alle drei genannten Sportler waren oder sind sicherlich nicht "Jedermannsliebling", aber ein Michael Groß war für den deutschen Schwimmsport ebenso unentbehrlich wie die Herren Breitner und Effenberg für den FC Bayern als Spieler. Ihr absoluter Leistungswillen stand stets über allen anderen Dingen und hat andere mitgerissen. Ihr Geld haben sie dennoch und vollkommen zu Recht verdient, ohne sich an irgendwelche "Sensationsberichterstatter" verkaufen zu müssen. Respekt an diese unbequemen Zeitgenossen von dieser Stelle aus!! Hoffen wir, dass auch Martin Schmitt und Sven Hannawald zumindest einen Mittelweg finden werden. Noch besteht die Möglichkeit und noch haben sie Zeit dazu!!

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