Tagebuch 17.02.2002

Olympische Spiele Salt Lake City 2002

Tagebuch 17.02.2002

Die deutschen Wintersportler konnten auch am 9. Wettkampf einige Medaillen erringen, genau vier an der Zahl.

Der Olympiatag begann jedoch mit einer Enttäuschung, denn im Super G konnten die deutschen Damen erneut die Erwartungen nicht erfüllen. Wie erwartet, wurden Hilde Gerg, Petra Haltmayr und Regina Häusl mit dem Druck nicht fertig. Während Hilde Gerg noch auf einen 5. Platz, der ihre Zugehörigkeit zur Weltklasse zumindest ansatzweise bestätigte, kam, enttäuschten Petra Haltmayr und Regina Häusl auf der ganzen Linie. Letztere schied aus. Ihr muss man jedoch zugute halten, dass sie fast eineinhalb Jahre aufgrund eines komplizierten Schien- und Wadenbeinbruches ausfiel. Überhaupt nicht akzeptieren kann man jedoch das Auftreten einer Petra Haltmayr. In den ersten beiden Rennen hatte sie sich bereits nach wenigen Metern verabschiedet. Nun beim Super G fuhr sie mit der Startnummer 1 der Konkurrenz um ca. 2 Sekunden hinterher. Sicherlich hatte sie einen Sturz beim letzten Weltcuprennen zu verdauen, der ihren Olympiastart auch gefährdete. Aber wer sich bereits vor dem Start aufgibt - diverse Äußerungen von Petra Haltmayr gegenüber der Presse untermauern diese These -, der hat bei Olympischen Spielen nichts, aber auch gar nichts verloren. Da sollte man den vierten Platz lieber frei lassen oder eine junge Läuferin wie z.B. Maria Riesch erste olympische Erfahrungen sammeln lassen. Es siegte überraschend die Italienerin Daniela Ceccarelli aus Rom, welche bisher noch nie ein Weltcup-Rennen gewinnen konnte überraschend vor der erneut starken Kroatin Janica Kostelic und Karen Putzer (ITA). Aller Ehren wert war der 11. Platz von Martina Ertl, die alles andere als eine Super G - Spezialistin ist und diese Disziplin fast überhaupt nicht trainiert. Wie man bei Olympischen Winterspielen auftritt, auch wenn es zuvor nicht so gut gelaufen ist, dies zeigte wieder einmal Martina Ertl. Petra Haltmayr sollte sich hieran mehr als nur ein Beispiel nehmen. Bei den abschließenden Konkurrenzen (Slalom und Riesenslalom) dürften die deutschen Starterinnen chancenlos sein, in den Medaillenbereich vorzustoßen. Unterm Strich bliebe dann das schlechteste Abschneiden einer deutschen alpinen Skimannschaft bei Olympischen Spielen seit 1984, wo es überhaupt keine Medaillen gab, aber wo auch vier Disziplinen weniger als heute ausgetragen wurden. Die deutschen alpinen Skifahrer haben innerhalb von nur vier Jahren, als man auf dem Höhepunkt war, den Kontakt zur Weltspitze verloren.

Den Kontakt zur Weltspitze dagegen hergestellt haben überraschend die deutschen SkilangläuferInnen. Beim 4x10km-Rennen konnte eine deutsche Herren-Staffel zum ersten Mal bei Olympischen Spielen überhaupt eine Medaille gewinnen und zwar die Bronzene. Die deutsche Mannschaft in der Besetzung Jens Filbrich, Andreas Schlütter, Tobias Angerer und René Sommerfeldt kam hinter Favorit Norwegen und Italien als Dritter ins Ziel und ließ dabei so renommierte Langlaufnationen wie Russland, Österreich, Schweden und auch die Doping geschädigten Finnen hinter sich. Was wäre erst möglich gewesen, wenn in dieser Staffel auch noch der "Spanier" Johann Mühlegg gestanden hätte? Aber dennoch: Die jungen deutschen Skilangläufer haben im Gegensatz zu den Alpinen große Perspektiven, denn die meisten Spitzenlangläufer sind 30 Jahre und älter. Da haben Leute wie Jens Filbrich, Tobias Angerer und auch Mirko Teichmann noch Zeit.

Gespannt war man nach dem Erfolg der Langläufer auf das Auftreten der Nordisch Kombinierer in Soldier Hollow. Nach dem Springen lag man auf Platz 5, mit 17 Sekunden Rückstand auf den Dritten USA und 11 Sekunden Rückstand auf den Vierten Japan. Finnland mit ca. 1min 50sek Vorsprung und Österreich mit ca. 1min Vorsprung schienen enteilt. Das Auftreten der Kombinierer bei der Einzelentscheidung gab nicht gerade zu den allergrößten Hoffnungen Anlass. Der deutsche Bundestrainer Hermann Weinbuch wählte einen klugen Schachzug und ließ den schnellsten deutschen Läufer Björn Kircheisen - 18 Jahre jung - als erster in die Loipe. Schnell hatte er den japanischen Olympiasieger von 1994 Kenji Ogiwara eingeholt und überholt. Nun machte sich Kircheisen auf den Weg, auch noch den besten Amerikaner Todd Lodwick zu stellen. Tatsächlich gelang ihm dies kurz vor dem Ziel. Der nächste Deutsche Georg Hettich versuchte zunächst an dem zweitstärksten Amerikaner Bill Demong dranzubleiben, was ihm auch spielend gelang. Am Ende der 5km-Schleife lief Hettich sogar noch einen 12-Sekunden Vorsprung auf den Amerikaner heraus und sicherte Platz 3. Doch was geschah nach vorne? Die deutsche Staffel konnte den Rückstand auf Österreich bereits auf nur noch 20 Sekunden reduzieren. Georg Hettich schickte nun einen weiteren deutschen Youngster, Marcel Höhlig, ins Rennen. Höhlig vergrößerte nicht nur den Vorsprung gegenüber den Amerikanern, sondern kam immer näher an den Zweitplatzierten Mario Stecher heran. Am letzten Anstieg zog Marcel Höhlig an Stecher vorbei und ließ den Österreicher regelrecht stehen. Er übergab überraschend als Zweiter mit einem knappen Vorsprung von 4 Sekunden. Nun kam es erneut zum Duell zwischen Ronny Ackermann und Felix Gottwald. Beim Einzelrennen über 10km hatte der Österreicher Felix Gottwald Ronny Ackermann sage und schreibe fast 2 Minuten abgenommen, entsprechend schätzte man die Chancen auf Silber ein. Doch Ronny Ackermann hatte einen wesentlich besseren Tag als beim Einzelrennen erwischt. Bis zum letzten Anstieg blieb er an Gottwald dran. Dann jedoch zog Gottwald an und legte schnell einen Abstand von 15m - 20m zwischen ihm und Ackermann. Nun waren nur noch ca. 150m zu laufen. Ackermann gelang es, den Abstand von 15m - 20m immer weiter zu verringern und Gottwald hatte dem Schlusssprint des Deutschen überraschend nichts mehr entgegenzusetzen. Ackermann zog an Gottwald vorbei und sicherte für das junge deutsche Team die Silbermedaille. Der Abstand zu Olympiasieger Finnland betrug am Ende nur noch 7,5 Sekunden - eine tolle und nicht für möglich gehaltene Leistung der Kombinierer. Auch in dieser Sportart braucht man sich eigentlich für die nächsten Jahre keine Sorgen zu machen - die Mannschaft ist noch jung und weitere junge Leute drängen nach.

Beim Viererbob standen die entscheidenden dritten und vierten Läufe auf dem Programm. Nach dem ersten Tag lag Christoph Langen aus Unterhaching nur eine Hundertstelsekunde hinter dem Schweizer Christian Reich zurück. Die Spannung sollte noch weiter zulegen, denn nach dem dritten Lauf waren der Unterhachinger und der Schweizer Routinier exakt zeitgleich. Die Auslosung für den vierten und alles entscheidenden Lauf ergab, dass Christian Reich zuerst vor Christoph Langen auf die Bahn musste. Der Schweizer legte erneut einen fast fehlerfreien Lauf hin. Nun lag alles in den Händen von Christoph Langen mit seinem Anschieber Markus Zimmermann. Beim Start lag Langen 2/100-Sekunden gegenüber Reich zurück, der Abstand vergrößerte sich bis zur ersten Zwischenzeit auf 5/100-Sekunden. Doch nun kam die Zeit des Christoph Langen: Sukzessive verkleinerte er den Vorsprung, bis er zunächst mit 1/100-Sekunde die Führung übernahm. Aus 1/100-Sekunde wurden bei der nächsten und letzten Zwischenzeit 5/100-Sekunden und am Ende hatte Langen 9/100-Sekunden-Vorsprung und die Goldmedaille gewonnen. Der Jubel kannte keine Grenzen mehr, denn die olympische Goldmedaille im Zweierbob fehlte Christoph Langen noch in seinem sonst vollständigen Repertoire.

Beim Eisschnelllaufen der Damen über 1000m setzte sich etwas überraschend die Amerikanerin Chris Witty mit einem neuen Weltrekord von 1:13,83min durch. Überraschend deshalb, da die Amerikanerin bis vor kurzem noch am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt war. Auf den hervorragenden zweiten Platz kam Sabine Völker, die ihren alten Weltrekord an Chris Witty verlor. Anni Friesinger blieb erneut ohne Medaille und kam auf Platz 5. Ihre Spezialstrecke über 1500m steht erst noch an, aber der Druck auf Anni Friesinger nimmt nach den zwei medaillenlosen Rennen doch gehörig zu. Monique Garbrecht-Enfeld, Weltmeisterin 2001 über diese Strecke, ging das Rennen zu schnell an, lag bei der letzten Zwischenzeit noch unter Weltrekord, um dann jedoch auf der letzten Runde einzubrechen und nur Platz 6 zu belegen.

Den deutschen Curling-Mannschaften scheint die Luft nun endgültig ausgegangen zu sein. Nach erneuten Niederlagen dürften beide Teams nun doch keine Rolle mehr im Kampf um die Medaillen zu spielen. Schade, denn die ersten Spiele gaben zu größeren Hoffnungen Anlass.

In den Eishockey-Wettbewerben traf die deutsche Herren-Mannschaft auf die Star-Truppe aus Kanada. Unterm Strich kam eine knappe 2:3-Niederlage heraus, vom Ergebnis her sicherlich erneut ein großer Erfolg der deutschen Mannschaft. Hätte jedoch das deutsche Team den Respekt vor den Kanadiern etwas früher abgelegt, dann wäre eine Sensation durchaus im Bereich des Möglichen gewesen. Die kanadischen NHL-Profis überzeugten auch bei ihrem zweiten Auftritt keineswegs und waren bisher das Schlechteste der sechs NHL-Teams aus Schweden, Tschechien, USA, Finnland, Kanada und Russland.

Die deutschen Eishockey-Damen bezwangen etwas überraschend Kasachstan und spielen nun um Platz 5 gegen Russland. Auch diese Leistung kann man durchaus als Erfolg werten.

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