Tagebuch 23.02.2002

Olympische Spiele Salt Lake City 2002

Tagebuch 23.02.2002

Das Ende der Olympischen Winterspiele von Salt Lake City 2002 rückt unweigerlich näher. Die deutschen Wintersportler machen den Wintersportfans den Abschied von den Olympischen Spielen immer schwerer, denn die großen Erfolge rissen auch am vorletzten Wettkampftag nicht ab.

Erneut konnten die deutschen Wintersportler zwei Goldmedaillen auf der Habenseite verbuchen - doch nicht nur das: Nachdem man im Viererbob den Amerikanern quasi eine Goldmedaille vor der Nase weggeschnappt hat und das Gastgeberteam auch in den drei Short Track-Wettbewerben ohne Sieg blieb, liegt die deutsche Mannschaft vor dem letzten Wettkampftag und den noch ausstehenden beiden Entscheidungen beim Skilanglauf der Damen (30km) und Eishockey (Finale der Herren) mit 12 gewonnenen Goldmedaillen uneinholbar vorne. Mit 35 gewonnenen Medaillen (12xGold, 16xSilber, 7xBronze) hat die deutsche Olympiamannschaft einen neuen Rekord aufgestellt - Olympiaherz, was begehrst du mehr?

Zunächst stand die Entscheidung über 50km der Herren im Langlauf auf dem Programm. Als Favorit ging der "Wahlspanier" Johann Mühlegg ins Rennen, doch 40km lang führte der junge Russe Michail Iwanow, teilweise mit ca. 40 Sekunden Vorsprung. Doch Johann Mühlegg ließ sich nicht beirren, machte auf den letzten 10km Sekunde um Sekunde gut und fing den Russen noch ab. Für Iwanow blieb immerhin noch Silber. Bronze erlief sich der Este Andrus Veerpalu. Es bleibt zu hoffen, dass Johann Mühlegg seine Goldmedaille über 50km behalten darf. Denn wie die Agenturen vermeldeten, soll Mühlegg bei einer unangemeldeten Trainingskontrolle am Donnerstag positiv getestet worden sein. Falls sich die Gerüchte bestätigen, müsste Mühlegg seine Goldmedaille über 50km zurückgeben. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Andreas Schlütter (GER), Bronzemedaillengewinner in der Staffel, das Rennen seines Lebens lief und einen hervorragenden 5. Platz belegte.

Die alpinen Ski-Wettbewerbe fanden ihren Abschluss mit dem Slalom der Herren. Die großen Hoffnungen der amerikanischen Zuschauer lagen auf Bode Miller. Miller legte im ersten Lauf bei dem äußerst schwierigen Slalom eine sehr gute Zeit hin. Diese Zeit wurde jedoch noch von dem Franzosen Jean-Pierre Vidal um mehr als drei Zehntelsekunden übertroffen. Im 2. Durchgang setzte sich zunächst der Franzose Sebastien Amiez an die Spitze des Feldes, überraschend vor dem Briten Alain Baxter. Die Sturzorgie im 2. Durchgang ging weiter. Hiervon verschont blieb auch nicht der amerikanische Publikumsliebling Bode Miller. Auch Miller schied aus. Somit war der Weg frei für Jean-Pierre Vidal aus Frankreich, der seinen großen Vorsprung mit viel Glück, aber auch viel Geschick verteidigte. Sebastien Amiez machte den französischen Doppelsieg perfekt. Alain Baxter holte für Großbritannien mit Bronze die erste Olympiamedaille im alpinen Skisport aller Zeiten. Der deutsche Starter Markus Eberle knüpfte an die schlechten Leistungen der alpinen Skifahrer aus nahtlos an und schied im ersten Durchgang nach wenigen Toren aus.

Beim kleinen Finale im Eishockey gewann der große Bruder Russland gegen Weißrussland deutlich mit 7:2 und sicherte sich somit wenigstens Bronze.

Mit Spannung erwartet wurde der 5000m Lauf der Damen im Eisschnelllaufen. Von der deutschen Boulevardpresse bereits im Vorfeld hochstilisiert wurde der Zweikampf zwischen Anni Friesinger und Claudia Pechstein. Von "Zickenkampf" oder "Busenkampf" wurde gar gesprochen. Wieder einmal hatte die deutsche Presse, wie schon so oft im Sport in den letzten Jahren, die Grenzen des Anstandes und der objektiven Berichterstattung bei weitem verlassen. Eine unbekannte Niederländerin schien den deutschen Damen ein Schnippchen zu schlagen: Gretha Smit verbesserte in ihrem Lauf den Weltrekord um knapp 2 1/2 Sekunden auf 6:49,22min. Nun war man gespannt, wie die deutschen Damen darauf reagieren würden. Claudia Pechstein musste als Erste der beiden Favoritinnen aufs Eis. Sie ließ ich von dem Lauf der Niederländerin nicht beirren und lief Rundenzeiten zwischen 32,0 und 32,5 sek konstant bis zum Schluss. Damit war auch Claudia Pechstein auf Weltrekordkurs. Da sie im Gegensatz zu der Niederländerin in den letzten beiden Runden nicht mehr einbrach, konnte sie den Weltrekord noch einmal auf 6:46,91min verbessern. An diese Zeit kam auch die nachfolgende Anni Friesinger nicht mehr heran. Friesinger stellte zwar eine persönliche Bestzeit auf, aber es reichte nur zu Rang 6. Claudia Pechstein gewann somit in Salt Lake City ihre zweite Goldmedaille und ihre vierte Goldmedaille in ihrer Karriere insgesamt. Damit ist sie die erfolgreichste deutsche Winterolympionikin überhaupt.

Weitere Medaillenhoffnungen ruhten auf der Crew von André Lange, welcher nach dem ersten Tag und den ersten beiden Läufen zeitgleich mit dem Schweizer Martin Annen hinter dem amerikanischen Favoriten Todd Hays auf Platz 2 rangierte. Als erster des dritten Laufes musste Todd Hays aus den USA in die Bobbahn. Er schien einen fehlerfreien Lauf absolviert zu haben. Dieser Eindruck dauerte jedoch nur bis zum Rennen von André Lange an, denn Lange fuhr im 3. Lauf der Konkurrenz und auch Todd Hays davon. Er ging in Führung und fuhr auf den Schweizer Annen einen Vorsprung von 27/100-Sekunden und auf Todd Hays gar 29/100-Sekunden heraus. Diesen Vorsprung ließ sich André Lange im entscheidenden vierten Lauf nicht mehr nehmen und gewann souverän die Goldmedaille. Silber und Bronze gingen an die beiden Bobs der USA. Überraschend hierbei sicherlich der dritte Platz des bereits 39jährigen Brian Shimer, der den Schweizer Martin Annen mit seinen beiden letzten Läufen noch aus den Medaillenrängen katapultierte.

Insgesamt ein erneut großer Tag für den deutschen Wintersport.

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