Tagebuch 20.02.2002

Olympische Spiele Salt Lake City 2002

Tagebuch 20.02.2002

Kein Wettkamptag bei diesen Olympischen Spielen scheint ohne deutsche Erfolge zu vergehen. Auch am 12. Tag kamen die deutschen Wintersportler zu olympischen Ehren. 1xGold und 2xSilber gingen dieses Mal an die deutschen Athleten. Zwar wird man den ersten Platz von Nagano im Medaillenspiegel, bei dem ja zunächst einmal ausschließlich die gewonnenen Goldmedaillen zählen, nicht verteidigen können, aber zu den 9 bisher gewonnenen Goldmedaillen gesellte sich zum zum jetzigen Zeitpunkt bereits die Rekordzahl von 15 Silbermedaillen und 7 Bronzemedaillen.   Außerdem gab es zahlreiche weitere Platzierungen in den Bereichen 4 - 6 - alles Ränge, für die man sich bei Olympischen Spielen zwar nichts "kaufen" kann, die aber immerhin den Nachweis der Zugehörigkeit zur absoluten Weltklasse belegen.

Seit 1948 standen erstmals wieder Skeleton-Wettbewerbe auf dem olympischen Programm. Beide Goldmedaillen gingen an die USA. Bei den Herren siegte der US-Amerikaner Jim Shea. Shea hatte ja bei der Eröffnungsfeier den olympischen Eid gesprochen und ist der Enkel des erst kürzlich verstorbenen Doppel-Olympiasiegers von 1932 im Eisschnelllaufen Jack Shea. Den Damen-Wettbewerb gewann die Amerikanerin Tristan Gale vor ihrer Landsfrau Lee Ann Parsley. Diana Sartor (GER) belegte den undankbaren, aber guten 4. Rang.

Die Biathlon-Wettbewerbe fanden ihren Abschluss mit dem Staffel-Wettbewerb der Herren. Für Deutschland gingen dieselben Läufer wie beim Olympiasieg 1998 in Nagano an den Start: Ricco Groß, Peter Sendel, Sven Fischer und Frank Luck.

Die ersten drei deutschen Starter hatten nicht ihren besten Tag. Ricco Groß und Peter Sendel mussten mehrmals nachladen, Sven Fischer erlaubte sich sogar eine Strafrunde. So war es nicht verwunderlich, dass die Norweger bereits nach den ersten drei Läufern deutlich führten und den Sieg durch Schlussläufer Ole Einar Björndalen locker nach Hause liefen. Um Silber entbrannte ein harter Kampf zwischen den Staffeln aus Russland, Frankreich und Deutschland. Frank Luck blieb beim Liegend-Schießen fehlerfrei. Zum Stehendschießen kamen alle drei Nationen gleichzeitig an. Raphael Poiree (FRA) und Frank Luck (GER) behielten die Nerven, beide schossen quasi synchron fehlerfrei und verließen zusammen den Schießstand. Der Russe Pawel Rostowzew musste mehrmals nachladen und Russland war damit im Kampf um die Medaillen chancenlos. Der als schnellere Läufer bekannte Raphael Poiree schaffte es nicht, auf dem letzten Teilstück unseren Oldie Frank Luck abzuhängen. Bei den Abfahrten war bereits ersichtlich, dass Frank Luck den schnelleren Ski hatte. Als es um die letzte Kurve vor der Zieleinfahrt ging, hatte Frank Luck den Franzosen überraschend  abgehängt und sicherte für die deutsche Staffel wenigstens noch die Silbermedaille. Als überragender Athlet dieser Biathlon-Wettkämpfe geht der Norweger Ole Einar Björndalen mit vier gewonnenen Goldmedaillen in die olympische Geschichte ein. Allein dieser Athlet verhinderte den totalen Triumph der deutschen Biathleten bei diesen Spielen. Dennoch eine überragende Leistung aller deutschen Damen und Herren, die mit Sicherheit fast nicht mehr getoppt werden kann.

Den alpinen Slalom der Damen gewann die Kroatin Janica Kostelic. Damit hat sie bereits zwei Gold- und eine Silbermedaille gewonnen und ist bereits jetzt vor dem abschließenden Riesenslalom die überragende alpine Skifahrerin dieser Spiele. Martina Ertl und Monika Bergmann belegten die Plätze 5 und 6. Vor allem der fünfte Platz von Martina Ertl ist aller Ehren wert, hatte sie doch in dem bisherigen Weltcup-Winter nicht annähernd eine ähnliche Platzierung erreicht.

Gespannt war man auf die Entscheidung im Eisschnelllaufen über 1500m bei den Damen. Der ganze Druck lastete auf der Weltrekordlerin Anni Friesinger, die zwar bei ihren beiden bisherigen Starts über 1000m und 3000m ihre Bestzeiten verbesserte, aber zur Enttäuschung vor allem der Boulevardpresse ohne Medaillen blieb. Was die deutsche Presse mit Anni Friesinger veranstaltet(e), erinnert stark an die seit Jahren andauernde Vereinnahmung des Skispringers Martin Schmitt. Ein solches Verhalten der Presse ist kontraproduktiv für die Athleten. Nur wenige Athleten und noch dazu in diesem Alter sind in der Lage, mit einem solchen, künstlich aufgebauten Druck fertig zu werden. Doch Anni Friesinger hat es allen gezeigt: Sie blieb in ihrem Lauf unter ihrem eigenen Weltrekord und mit ihrer Zeit von 1:54,02min legte sie eine "Nuss" vor, die von den anderen Athletinnen nicht mehr geknackt werden konnte. Silber ging überraschend an die sympathische Erfurterin Sabine Völker, die nun mit zwei Silber- und einer Bronzemedaille eine gelungene Olympiade hinter sich gebracht hat. Für die amerikanische Mitfavoritin und Freundin von Anni Friesinger Jennifer Rodriguez aus den USA blieb lediglich der 3. Platz. Welch immenser, unmenschlicher Druck auf Anni Friesinger lastete, konnte man direkt nach dem Rennen und auch bei der Siegerehrung deutlich sehen. Anni Friesinger ließ ihren Tränen freien Lauf. Es ist beschämend, mit welchen Methoden die Presse und Werbeindustrie die deutschen Spitzensportler zu (Medien-) Stars hoch putscht. Damit werden "Nebenkriegsschauplätze" eröffnet, die es dem Sportler unmöglich macht, sich einzig und allein auf die sportlichen Großereignisse zu konzentrieren. Das Schlimme ist, dass dies in unserer Gesellschaft auch noch ankommt. UM so mehr muss man Hochachtung vor der Leistung einer Anni Friesinger zeigen!!

Das olympische Eishockey-Turnier hat seine erste, ganz dicke Überraschung: Nach der Vorrunde kristallisierte sich neben Gastgeber USA das schwedische Team als Goldfavorit Nr. 1 heraus. Das Viertelfinalspiel der Schweden gegen Weißrussland schien nur reine Formsache zu sein. So dachten anscheinend auch die Schweden, denn anders kann man es nicht erklären, dass die Schweden gegen die bisher in der Zwischenrunde sieglosen Weißrussen mit 3:4 verloren und im Kampf um die Medaillen ausgeschieden sind. Die Russen besiegten im Prestigeduell den ehemaligen "Bruder" Tschechien mit 1:0 und haben die Runde der letzten Vier ebenfalls erreicht. Die deutsche Mannschaft traf in ihrem Viertelfinalspiel auf die USA und musste eine 0:5-Niederlage einstecken. Im ersten Drittel hielt die deutsche Mannschaft lange Zeit hervorragend mit. Durch einige Undiszipliniertheiten handelte man sich einige Strafzeiten (u.a. sogar eine  Matchstrafe) ein. Hinzu kommt, dass der schwedische Schiedsrichter unserer Mannschaft nicht gerade sehr wohl gesonnen war. Zeitweise spielten fünf Amerikaner gegen drei Deutsche. Dass es nach dem 1. Drittel nur 0:1 stand, kann man deshalb schon als großen Erfolg werten. Im 2. Drittel jedoch verspielte die deutsche Mannschaft innerhalb von 10 Minuten alle Möglichkeiten, vielleicht doch noch eine Überraschung zu schaffen. In diesem Zeitraum gelangen den Amerikanern vier Tore zum 5:0-Endstand. Trotz dieser Niederlage hat die deutsche Mannschaft bei diesen Olympischen Spielen das Soll mit dem Erreichen der Zwischenrunde und des Viertelfinales weit übertroffen. Das kanadische Starensemble um Mario Lemieux scheint langsam in Form zu kommen, denn die Kanadier schlugen im Viertelfinale Finnland mit 2:1 und treffen nun im Halbfinale auf den vermeintlich schwächsten Gegner Weißrussland.

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