Tagebuch 09.02.2002

Olympische Spiele Salt Lake City 2002

Tagebuch 09.02.2002

Der erste Wettkampftag bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City gehört der Vergangenheit an und aus deutscher Sicht hätte es fast nicht besser beginnen können. Höchstens unverbesserliche Optimisten erwarteten bereits am ersten Tag eine Medaille. Doch das Unglaubliche geschah: Kennen Sie einen Sportler namens Jens Boden? Nun spätestens seit gestern ist dieser junge deutsche Eisschnellläufer in aller Munde. Noch nie stand er bei einer internationalen Veranstaltung im Seniorenbereich auf dem Treppchen, ausgerechnet bei den olympischen Wettkämpfen gelang ihm dieses Husarenstück. Über 5000m belegte er hinter dem Weltrekordler Jochem Uytdehaage (NED) und dem amerikanischen Lokalmatadoren Derek Parra sensationell in neuer deutscher Rekordzeit von 6:21,73min den 3. Platz.

Zuvor begannen die olympischen Wettkämpfe mit dem 15km Massenstart der Skilangläuferinnen. Hier gilt es, sich Frau gegen Frau zu bewehren - eine sehr zuschauerfreundliche Veranstaltung, nicht nur für die Fernsehzuschauer, sondern auch für die Zuschauer vor Ort in Soldier Hollow, die fast die gesamte Strecke überblicken konnten. Bis zur Hälfte der Strecke (7,5km) konnte auch Evi Sachenbacher (GER) in der 15köpfigen Spitzengruppe mithalten. Sachenbacher ist jedoch im Gegensatz zu Jens Boden keine Unbekannte mehr, schließlich hatte sie Ende Dezember beim Sprint-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen bereits die Nase vorne. Als die Spitzengruppe um Stefania Belmondo, Katerina Neumanova und Larissa Lasutina das Tempo verschärften, konnte Evi Sachenbacher jedoch nicht mehr mithalten. Am Ende siegte die "Grande Dame" des Langlaufsports Stefania Belmondo vor Larissa Lasutina und Katerina Neumanova. Evi Sachenbacher belegte einen 13. Rang, der aller Ehren wert ist.

Beim Springen in der Nordischen Kombination war man gespannt, wie Ronny Ackermann (GER) mit dem Favoritendruck fertig werden würde. Zusammen mit Felix Gottwald aus Österreich wurde er auf den Favoritenthron gehoben. Während Felix Gottwald in den Tagen vor den Wettkämpfen eine gewisse Lockerheit an den Tag legten, "erkannten" die Journalisten bei Ronny Ackermann Nervosität und Verkrampfung. Doch die Experten täuschten sich: Ronny Ackermann sicherte sich mit zwei sehr guten Springen über jeweils 96m den 5. Platz. Felix Gottwald hingegen kam nur auf Platz 11 und hat auf Ackermann bereit mehr als 1 1/2 Minuten Rückstand. Vor Ronny Ackermann allerdings platzierte sich der starke finnische Läufer Samppa Lajunen, so dass es schwer werden dürfte, olympisches Edelmetall sprich Gold zu gewinnen. Zu einer Medaille allerdings müsste es für Ronny Ackermann allemal reichen.

Beim 30km Massenstart der Herren gehörten der Weltcupführende Per Elofsson (SWE), Ole Einar Björndalen (NOR) und der "deutsche Spanier" Johann "Juanito" Mühlegg zu den Favoriten. Die Herren legten zu Beginn des Rennens ein höllisches Tempo vor und bereits früh gelang es überraschend Johann Mühlegg, sich vom Rest des Feldes abzusetzen. Der Vorsprung von Mühlegg wuchs und wuchs und nach der Hälfte des Rennens hatte er bereits über 1 1/2 Minuten Vorsprung. Die Frage war, ob Mühlegg dieses Tempo bis zum Ende durchhalten kann. Diese Frage kann eindeutig mit "Ja" beantwortet werden, im Gegenteil, Johann Mühlegg baute den Vorsprung bis ins Ziel sogar auf über 2 Minuten aus. Weltcup-Spitzenreiter Per Elofsson gab bereits nach der Hälfte des Rennens entnervt auf. Ole Einar Björndalen, welcher einen "Abstecher" vom Biathlon gemacht hatte, blieb nur Platz 6 - hoffentlich hat sich der Norweger mit dieser zusätzlichen Belastung keinen Bärendienst erwiesen. Schade, dass Johann Mühlegg für Spanien läuft, sonst hätte es am ersten Tag bereits die erste Goldmedaille für das deutsche Team gegeben.

Um Mitternacht mitteleuropäischer Zeit durften die deutschen Eishockeycracks gegen den Vize-Weltmeister des Jahres 2000 Slowakei ihr Können unter Beweis stellen. Die Slowaken waren nur mit insgesamt 16 Spielern angetreten alles andere als ein klarer Sieg der mit NHL-Spielern gespickten slowakischen Mannschaft wäre dennoch eine große Überraschung gewesen. Doch wie bei der letzten WM im eigenen Lande, zeigte die deutsche Mannschaft, welche mit NHL-Star Marco Sturm verstärkt wurde, große Kampfkraft, Einsatzbereitschaft und Geschlossenheit. Im ersten Drittel hielt man ein 0:0. Die slowakische Mannschaft wurde immer nervöser.

Im zweiten Drittel ging die deutsche Mannschaft nach 21. Minuten durch Jürgen Rumrich in Führung. Nur sechs Minuten später konnte Jan Benda auf 2:0 erhöhen. Die deutsche Mannschaft zog sich nun geschickt zurück und ließ die Slowaken kommen. Die wenigen Chancen wurden vom überragenden deutschen Torhüter Marc Seliger unter den Augen der kanadischen Eishockey-Legende Wayne Gretzky zunichte gemacht. Als die Slowaken Ende des dritten Drittels gar noch ihren Torwart herausnahmen, um dem Spiel noch eine Wende zu geben, gelang Klaus Kathan gar noch das 3:0 - eine Riesenüberraschung, mit der wirklich niemand rechnen konnte.

Im Gegensatz zu den letzten olympischen Sommerspielen in Sydney scheinen sich die Wintersportler aus Deutschland in einer ganz anderen Verfassung zu präsentieren. Der erste Wettkampftag lässt doch auf weitere Erfolge deutscher Athleten mehr als hoffen.

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