Olympische Spiele der Neuzeit (Winter)

 

Olympische Winterspiele - Lillehammer 1994

Zum ersten Mal fanden Olympische Winterspiele bereits zwei Jahre nach den letzten Winterspielen 1992 in Albertville statt. Grund war, dass das IOC den Modus für die Winterspiele geändert hatte und diese nicht mehr im selben Jahr wie die Olympischen Sommerspiele ausgetragen werden sollten. Auch finanzielle Gründe lenkten die Entscheidung in diese Richtung, denn amerikanische Fernsehgesellschaften signalisierten, dass Sie nicht in der Lage wären, alle vier Jahre zweimal in einem Jahr mehrere hundert Millionen Dollar für den Erwerb der Übertragungsrechte aufzubringen. Das IOC erhoffte sich dadurch, dass künftig alle zwei Jahre Olympische Spiele stattfinden würden, natürlich ebenfalls ein Riesengeschäft.

Auf der 94. IOC-Session am 15.09.1988 fiel die Wahl der IOC-Delegierten erst im 3. Wahlgang überraschend auf Lillehammer (23.000 Einwohner). Lillehammer setzte sich im letzten Wahlgang mit 45 : 39-Stimmen gegen den Favoriten Östersund durch.

Lillehammer verfügte außer über eine Skisprungschanze über keine geeigneten Wettkampfstätten, so dass alles neu errichtet werden musste (Bob- und Rodelrennbahn in Hundefossen, Eishalle in Hamar und die "Felsenhalle" in Gjövik). Endlich waren mal wieder Olympische Spiele der "kurzen Wege" angesagt, eine Wohltat nach Albertville 1992. Auch bestach das norwegische Publikum durch seine Fachkundigkeit, was ebenfalls im Nachhinein sehr positiv aufgenommen wurde.

In den alpinen Skiwettbewerben konnten die deutschen Skifahrer großartige Erfolge feiern, nachdem es in den 80er Jahren bei diesen Wettkämpfen eher Enttäuschungen hagelte. Der in die Jahre gekommene Ex-Weltmeister Markus Wasmeier präsentierte sich zur Überraschung der Fachwelt in überragender Verfassung und konnte nicht nur im Super G, sondern einige Tage später auch noch im Riesenslalom die Goldmedaille gewinnen. Bei der Königsdisziplin Abfahrt setzte sich der US-Boy Tommy Moe durch. Für die erfolgsverwöhnten Österreicher blieb durch Patrick Ortlieb nur der undankbare 4. Platz. Dass die deutschen Damen um Katja Seizinger und Martina Ertl zur absoluten Weltklasse gehören, war bereits vor den Spielen bekannt. Die Erwartungen sollten nicht enttäuscht werden, denn Katja Seizinger setzte sich im Abfahrtslauf gegen die gesamte internationale Konkurrenz durch und für Martina Ertl reichte es im Riesenslalom hinter der Italienerin Deborah Compagnoni zu Silber.

Die Langlauf-Wettbewerbe bei den Herren standen ganz im Zeichen des norwegischen Superstars Björn Dählie, der sich die Olympiasiege über 10km und im Jagdrennen sicherte. Über 30km wurde er lediglich von Landsmann Thomas Alsgaard besiegt. Die Staffel schien für die Norweger eigentlich nur Formsache zu sein, doch den norwegischen Zuschauern stockte der Atem, als die Italiener mit ihrem Schlussläufer Silvio Fauner und die Norweger mit Björn Dählie zusammen auf die Schlussgerade einbogen. Im Sprint setzte sich dann überraschend der Italiener Fauner mit 0,4sek Vorsprung gegen Dählie durch und brachte den Norwegern eine empfindliche Niederlage bei.

Bei den Skisprung-Wettbewerben präsentierte sich die deutsche Mannschaft in glänzender Form. Von der Großschanze sicherte sich zunächst Routinier Jens Weißflog, der bereits 1984 für die DDR erfolgreich war, die Goldmedaille vor dem Dauerrivalen Espen Bredesen. Als nächstes stand der Mannschaftswettbewerb an und klarer Favorit waren die Japaner, welche ihre Favoritenstellung bis zum letzten Sprung von Masahiko Harada auch mit einem deutlichen Vorsprung untermauerten. Die deutsche Mannschaft enttäuschte nicht und sicherte sich mit durch ihren letzten Springer Jens Weißflog mit einem weiten Satz von 135,5m bereits die Silbermedaille. Ein durchschnittlicher Sprung des Japaners Masahiko Harada hätte genügt, um Japan die ersehnte Goldmedaille zu bringen, aber bei Harada versagten die Nerven und er landete bei nur 97,5m. Deutschland hatte somit den Asiaten doch noch Gold entrissen und feierte diesen Erfolg in ausgelassener Stimmung. Den Erfolg rundete wenige Tage später Dieter Thoma, Neffe des legendären Georg Thoma, mit dem Gewinn der Bronzemedaille über die Normalschanze ab.

Die Biathlon-Staffel der Herren gewannen die einzige Goldmedaille für Deutschland bei diesen Wettbewerben. Allerdings kamen drei Silbermedaillen und eine Bronzemedaille hinzu, so dass auch die deutschen Biathleten eine insgesamt starke Vorstellung abgaben.

Die erfolgsverwöhnten deutschen Eisschnellläuferinnen konnten die zugegebenermaßen hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Konnte die Bronzemedaille der jungen Franziska Schenk über 500m noch als Überraschung gewertet werden, so hatte man doch zwei Goldmedaillen von Gunda Niemann über 3000m und 5000m fest eingeplant. Doch Gunda Niemann stürzte über 3000m, verlor dabei jegliches Selbstvertrauen und holte wenige Tage später über 1500m "nur" Bronze. Über 5000m wurde die erneut favorisierte Gunda Niemann von ihrer "Landsfrau" Claudia Pechstein geschlagen.

Bei den Rodel-Wettbewerben sicherte sich Georg Hackl nach 1992 in Albertville seine zweite Goldmedaille. In den Bob-Konkurrenzen setzte sich im Viererbob der Altenberger Harald Czudaj mit seiner Crew durch.

Die deutsche Mannschaft gewann die Medaillenwertung von Lillehammer 1994.

An den Winterspielen in Lillehammer nahmen 1739 Sportler, darunter 522 Frauen, teil. Die Sportler verteilten sich auf 67 Mannschaften. Die Spiele wurden am 12.02.1994 im Lysgardsbakkene-Stadion von König Harald V. eröffnet und fanden ihren Abschluss am 27.02.1994 mit einer Ansprache vom IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch wiederum im Lysgardsbakkene-Stadion. Medaillen wurden in 61 Wettbewerben vergeben.

Der Olympische Eid wurde vom Skilangläufer Vegard Ulvang für die Athleten und von der Eiskunstlauf-Kampfrichterin Kari Karingen für die Kampfrichter gesprochen. Letzter Fackelträger des Olympischen Feuers war Kronprinz Hakon.

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