Olympische Spiele der Neuzeit

 

Athen 1896

Der 6. April 1896 ist der Geburtstag der modernen olympischen Zeitgeschichte gewesen. An diesem Tage entfaltete eine neue Idee die taufrischen Säfte ihrer Schwungkraft. Vergangenheit und Zukunft waren in dem Marmorbau Athens innerlich und äußerlich aneinandergeknüpft. Für die siegreiche Gestaltung des olympischen Gedankens war die Verpflanzung in den alten Kulturboden Griechenlands der Weg zu den Quellen der Urkräfte. Das kleine griechische Volk erglühte unter der großen Aufgabe zu antiker Größe. Es zerriss die Schleier und stellte sich stolz in den Mittelpunkt einer neuen Weltanschauung. Die Welle der Begeisterung durchraste das Volk in allen seinen Schichtungen.

Scharfe Kontraste überschnitten sich in der Gesamtschau der Ereignisse. Die geniale Konstruktion des U-förmigen Zuschauerraumes, der mit seinen 47 Sitzreihen mehr als 80.000 Zuschauer bergen konnte, umfasste eine Laufbahn, deren eckige Kurven allen Gesetzen der Schwungkraft widerstritten. Als die Ruderwettbewerbe ausgetragen werden sollten, warfen die Wellen schaumige Kronen gegen die Mauer des Hafens und die Regatten mussten ersatzlos gestrichen werden. Überall trafen Vollendung und Unvollkommenheit hart aneinander, die moderne Sportbewegung riss Neuland auf und streute in die Scholle fruchtbaren Samen. Die technischen Erfahrungen der Völker bewegten sich in den Anfangsgründen. Beim Endlauf über 100m hatte noch jeder Läufer seine eigene Startmethode, und nicht wenige belächelten den Tiefstart des kommenden Siegers Burke, weil es damals eher üblich war, aus dem Stand zu starten. Fast zur Groteske wurde das Diskuswerfen, bei dem der Amerikaner Garret mit einer Leistung von 29,15m siegte. Die im Vergleich zu heute geringe Weite war weniger das Besondere als vielmehr die Tatsache, dass er bei seiner Abfahrt in Amerika noch gar nicht den Namen des Gerätes kannte, geschweige denn mit ihm geübt hatte, mit dem er wenig später Olympiasieger werden sollte.

Im imposanten Akkord aber klangen die sportlichen Wettkämpfe mit dem Leben der Bürgerschaft Athens zusammen. Zehn Tage schien die Gegenwart zu versinken in einem brausenden Jubel, der aus den Tiefen der Volksseelen emporstieg. Die Sorgen und Schatten des Alltags fielen, frei und fröhlich genossen Stadt und Volk die Beglückung des Erhabenen. Nie wieder war es später möglich gewesen, das Erlebnis der Spiele so umfassend werden zu lassen.

Schicksalswalten schuf das Gedenken der größten sportlichen Leistung dieser sonnigen Apriltage. Der Marathonlauf über 42km wurde zum Symbol des sportlichen Menschen. Mit leichtem, weichen Schritt lief ein einfacher schlichter Mensch am 10. April 1896 im Stadion zu Athen die letzten 200m ins Ziel, der Grieche Spyridon Louis aus Amarussi. Zwei Königssöhne begleiteten ihn auf den letzten Metern, und die Majestät erhob sich, um dem großen Athleten die Hand zu drücken. Als letzter Fackelträger durfte er in Berlin 1936 die Olympische Flamme entzünden.

Die offizielle Eröffnung der Olympischen Spiele 1896 von Athen wurde von König Georg I. von Griechenland vorgenommen. Mehr als 245 Teilnehmer aus 14 Ländern haben ihre Kräfte bei den 1. Olympischen Spielen der Neuzeit gemessen. Damen waren (selbstverständlich) keine zugelassen. Es wurden 43 Wettbewerbe in 9 Sportarten durchgeführt. Medaillen gab es seinerzeit nur für die beiden Erstplazierten (Silber für den Sieger, Kupfer für den Zweitplazierten, der Dritte bekam nichts).

Als "Stars", sofern es so etwas damals schon gab, gingen vor allem der bereits erwähnte Marathon-Olympiasieger Spiridon Louis sowie auch der Deutsche Carl Schuhmann in die Geschichte ein. Letzterer wurde nicht nur dreifacher Olympiasieger im Turnen, sondern er siegte auch noch im Ringen. Außerdem wurde er Dritter im beidarmigen Gewichtheben.

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